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Molotow-Cocktails für die Moral

Der Standard

11.10.2009

UKRAINE

Molotow-Cocktails für die Moral

Brandanschlag auf Galerie als Symptom für wachsende Intoleranz in der Ukraine

Kiew – Das vom Kulturministerium und der staatlichen Moralkommission durchgesetzte Verbot von Sacha Baron Cohens Spielfilm Brüno brachte der Ukraine im Juli internationale Schlagzeilen ein. Doch nun nehmen auch selbsternannte Moralapostel des Landes die Sache in die Hand: Ende September wurde in Kiew die engagierte Galerie „Ja” durch einen Brandanschlag zerstört.

Kurz zuvor war in der Galerie über Brüno und über Die 120 Seiten von Sodom, einen ukrainischen Sammelband homosexueller Literatur, diskutiert worden. Offensichtlich sehr zum Missfallen der Attentäter, die in Anspielung auf den Buchtitel am Tatort das Graffito „Nein zur Sodomie!” hinterließen.

Nur wenige Wochen zuvor hatten Vertreter einer rechtsextremistischen Gruppierung, die sich in der Tradition des Nationalistenführers Stepan Bandera (1909-1959) sieht, die Buchpräsentation von Die 120 Seiten von Sodom in Lemberg gesprengt. Dieses Szenario wiederholte sich auch in einer Kiewer Buchhandlung.

Ohne Rücksicht auf Verluste

Beim nächtlichen Anschlag auf „Ja” hatten die Täter erstmals auch menschliche Opfer riskiert. Nicht nur, dass auch die Ausstellung des jungen Charkower Malers Artjom Wolokitin verlorenging. „Wäre die Feuerwehr ein wenig später gekommen, hätten die Flammen auf benachbarte Wohnungen übergreifen können”, erzählt Galeriebesitzer Pawlo Gudimow, der in der Ukraine nicht zuletzt auch als Ex-Gitarrist der Kultband Okean Elsy bekannt ist.

In einer improvisierten Pressekonferenz solidarisierten sich am Tag danach zahlreiche Kulturschaffende mit der Galerie, die als einer der spärlich gesäten Orte für zeitgenössisches Kulturschaffen in Kiew gilt. Kritik gab es auch an der Polizei, die – so Menschenrechtsaktivist Maksim Butkewytsch – bei vorangegangenen Vorfällen sehr lasch mit den Tätern umgegangen sei.

Das offizielle Kiew schweigt indes. Ganz anders Anne Duruflé, Kulturattachée an der französischen Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt: „Das ist insgesamt ein schlechtes Zeichen für die Ukraine, denn es zeigt, dass das Ausmaß an Intoleranz in diesem Land wächst. Der Präsidentschaftswahlkampf beginnt. Und man kann sich Sorgen machen, wie es hier weitergehen wird.” (höll, DER STANDARD/Printausgabe 12.11.2009)

Zur Diskussion vom 08.10.2009

Am Donnerstag, dem 8. Oktober hat die Redaktion unseres Online-Magazins am Goethe-Institut eine Diskussion unter dem Titel „In Kriegsnähe” veranstaltet, um über Themen wie die letzten Ereignisse, den organisierten Fremdenhass und die politische Message in der Kunst zu sprechen.

Die Diskussion war ein Versuch, sich des Fremdenhasses als Phänomen in der Ukraine bewusst zu werden, darüber zu reflektieren, zu definieren, woher dieser Komplex stammt und wie er funktioniert, sowie Modelle des kulturellen Widerstands dagegen zu besprechen.

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Die Vorstellungen über den Anderen bilden die Grundlage für die Herausbildung der Gruppen- und Einzelidentität. Dies bedeutet, dass man sowohl in sozialer als auch in ethnischer Hinsicht „anders” sein kann. Allerdings sind für die Entstehung von fremdenfeindlichen Ideen und Ideologien, die zu Gewaltanwendung führen, Manipulationen mit sozialen Ängsten und Reflexen erforderlich, also die sogenannte „Xenophobie von oben”, der organisierte Hass.

Im Zuge der Diskussion am Goethe-Institut wurden die folgenden Gründe für die steigende Fremdenfeindlichkeit angeführt:

In der Ukraine findet derzeit eine intensive Archaisierung der Gesellschaft statt, die auf einer nationalethnischen Konsolidierung und der Verbreitung von archaischen Vorstellungen über eine Hierarchie von nicht gleichwertigen sozialen und ethnischen Gruppen aufbaut. Das Totschweigen von Anzeichen der Fremdenfeindlichkeit, das Fehlen von Berichten über Eskalationen und einer Opferstatistik führen ebenfalls zu ihrem Anstieg. Die postsowjetische Abschaffung der Strafverfolgung für Homosexuelle erfolgte in der Ukraine ohne Diskussion aufgrund von außenpolitischen Überlegungen. Diese Unausgesprochenheit und das Totschweigen des Problems führen zu Vorurteilen gegenüber LGBT.

Da der Fremdenhass zu den archaischen sozialen Instinkten gehört, stellt die kulturelle Reflexion eine wirksame Bekämpfungsstrategie dar, meinen die Diskussionsteilnehmer. Die ukrainische Kulturszene sollte sich mit diesem Problem befassen, um ihre Beschränktheit und Unzulänglichkeit zu konzeptualisieren. Wenn die Xenophobie in der ukrainischen Kultur- und Politiklandschaft öffentlich wird, wird sie an Wirkung und Entwicklungspotential verlieren.

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Als Vortragende eingeladen waren Maksym Butkewytsch, Zentrum „Soziale Aktion” / Projekt „Ohne Grenzen”; das regionale Informations- und Rechtsschutzzentrum für Schwule und Lesben „Unsere Welt”, vertreten durch Oleksandr Sintschenkow; der junge Soziologe Wolodymyr Ischtschenko, der über das Internet-Portal „Сommons” von Intellektuellen mit Protesthaltung referierte. Ebenfalls an der Diskussion teilgenommen haben Vertreter von Menschenrechts- und Aktivistengruppen, die interdisziplinäre Kuratorenvereinigung „Chudrada”, Künstler, Literaturübersetzer und Autoren. Moderiert wurde die Diskussion von Yevgeniya Belorusets.

Text von Yevgeniya Belorusets

Zeichnungen von Anna Swjahinzewa

Aus dem Ukrainischen von Anna Latsanitch

 

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