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In der Nähe des Krieges: Vorwort zur 2. Ausgabe der Zeitung Prostory

Nachstehend findet sich das Vorwort zur zweiten Ausgabe der Zeitung Prostory, die unter dem Titel "In der Nähe des Krieges" im Januar 2010 erschienen ist und sich mit der Metapher des Krieges in der ukrainischen Wahrnehmung auseinandersetzt. Diese Publikation lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Medialisierung von Ereignissen, die woanders stattfinden, sowie auf Alltagskämpfe, Straßenproteste, den Widerstand gegen das System zu Sowjetzeiten, die Marginalisierung von sozial schwachen Gruppen und die Entfremdung vom eigenen Lebensraum.

 

In der Nähe des Krieges

 

Wir sind gekommen, um euch zu sagen: alles wird gut!

 

 

W. Juschtschenko

Was passiert an einem Ort, an dem nicht mehr oder noch nicht Krieg geführt wird? Seine Spuren bleiben vermutlich noch lange Zeit erkennbar bzw. kommen allmählich zum Vorschein, und für manch einen kommt der Krieg dennoch überraschend. Andererseits: ist so ein Zustand völliger Kriegsabwesenheit überhaupt möglich? Das militärische Perversionspotential ist in der Lage, so manchen Filmprojektor anzuwerfen und Beiträge zu zeigen, die Verwunderung auslösen. Sowie andere Gefühle. So wie das trügerische Gefühl der Erleichterung, dass es hier und jetzt keinen Krieg gibt.

Die Idee zu dieser Ausgabe kam uns als Außenstehenden, als in Georgien Kriegshandlungen aufgenommen wurden. Wir lasen darüber, und später verstärkte sich das Gefühl, dass irgendwo Krieg geführt wird, als in Kiew am Tag vor den Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag die Panzer zur Parade aufgefahren wurden. Somit gibt es diese Idee schon seit über einem Jahr, und in dieser Zeit waren wir quasi nicht involviert, jedoch interessierten uns die (zum Teil auch Bildschirm-)Ereignisse auf großen Plätzen nicht weniger als die kleineren Schauplätze der Stadt, in der wir leben und arbeiten.

So schielte das eine Auge misstrauisch auf die Marker der Militarisierung des öffentlichen Raumes — auf die Banner der "Veränderungsfronten" und der "starken Hände" —, auf den Kampf mit alten Marmorhelden und die hysterische Krönung von neuen sowie auf den Krieg der Sprachen, die aufeinandergehetzt werden. In dieses Kriegstheater kommen die Zuschauer in Knallfarben gekleidet, denn darin, wie Witold Gombrowicz in seiner "Pornographie" schreibt, liegt das eigentliche Wesen des Kampfes gegen den Feind. Doch kann man sich hierbei überhaupt mehr erkämpfen als den Verzicht auf das interaktive Theater?

Während das eine Auge zusammen mit imaginären Purpurköpfen der getöteten Pferde an der Oberfläche zappelte, wachte das andere über die Zuschauer, die aus dem Theater in ihren Alltag zurückkehrten. Für manche war gerade dieser zur Bühne geworden, auf der Kämpfe um den eigenen Freiraum und das Recht auf gesellschaftliches Engagement ausgetragen werden. So versucht die dreifach angeklagte Belorusets herauszufinden, ob in einem solchen Kampf der überraschende Sieg eines einfachen ukrainischen Bürgers möglich ist.

Mit seinem Filmprojektorpotential erinnert der Krieg. An Konfrontationen mit dem Alltag in der Vergangenheit, und daran, dass Veränderungen oft überraschend kommen, und manchmal sogar im Schlaf. Zu diesen Veränderungen kann man in der illusorischen Beziehung eines Zuschauers stehen, der sich am durchschossenen Kopf kratzt. Der Schuss in die Illusion passiert jederzeit und kann sich gleichzeitig verspäten, wenn man meint, neben den Krisenherden verharrend, die einen umgebende Wirklichkeit zu verstehen.

Aus dem Ukrainischen von Anna Latsanitch

 

Bild: Erscheinung von Nikita Kadan

 

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